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Was bedeutet "Neue Autorität"?

„Neue Autorität ist ein systemischer Ansatz, der Personen mit Führungsverantwortung (Eltern, Lehrer*innen, Sozialpädagog*innen, Führungskräfte, Gemeindepolitiker*innen, usw.) stärkt und ihnen wertvolle Möglichkeiten erschließt, für eine respektvolle Beziehungskultur zu sorgen und positive Entwicklungsprozesse in Gang zu bringen.“

In der Kindererziehung erleben Eltern, Lehrer*innen und Sozialpädagog*innen oft große Unsicherheit in der Ausübung ihrer Rolle. Manchmal haben sie das Gefühl, keine brauchbaren Mittel oder Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit destruktivem Verhalten von Kindern und Jugendlichen zu verfügen. Auch Führungskräfte in Einrichtungen und Unternehmen haben die Notwendigkeit, Autorität aus ihrer persönlichen Integrität zu entwickeln und Konflikte gemeinschaftlich zu lösen. Dabei wird das vorhandene Netzwerk konstruktiv in ihre Arbeit mit eingebunden.

Genau hier setzt das Modell der Neue Autorität von Prof. Haim Omer (Universität Tel Aviv) und seinem Team an. Durch persönliche Präsenz (Selbstverankerung) und die Wachsame Sorge (Ankerfunktion) der Erwachsenen, wird ein Rahmen für einen erfolgreichen Entwicklungsprozess hergestellt. Dadurch wird ein respektvolles, konstruktives Miteinander ermöglicht, das zur Erreichung der gewünschten Ziele beiträgt.

Als wichtigste Ressource wird die Fähigkeit zur konstruktiven Beziehungsgestaltung durch eine wertschätzende Grundhaltung gegenüber jeder einzelnen Person in den Vordergrund gestellt. Die Verantwortlichen widerstehen der Gefahr, sich in Machtkämpfe hineinziehen zu lassen und handeln so eskalationsvorbeugend. Problematischem Verhalten wird nicht mit Vergeltungsmaßnahmen und Strafen sondern mit Protest und beharrlichem gewaltlosen Widerstand begegnet. So werden Veränderungsprozesse und Lösungsschritte in Gang gesetzt.

Das verfügbare Netzwerk von INA wird einbezogen und als Unterstützungsgruppe genützt. So entstehen Bündnisse für das Erreichen von gemeinsamen Zielen. Das wiederum führt zur Verbesserung des Miteinanders, egal ob zu Hause in der Familie, in der Schule oder in Unternehmen. Also immer speziell dort, wo Erwachsene mit Führungsaufgaben und Verantwortung betraut sind.

Das Konzept der Neuen Autorität und persönlichen Präsenz nützt die sozialpolitischen Ideen und die Praxis des gewaltlosen Widerstandes Mahatma Gandhis. Sich nicht in Machtkämpfe hineinziehen zu lassen, das Prinzip der Zeitverzögerung zu nützen und beharrlich zu intervenieren. Die wesentlichen Aspekte dabei sind: sich immer mit Bedacht auf eine gute Beziehung und einen respektvollen Umgang einzulassen.

Was genau macht INA für Sie?

Unser Fokus bei INA besteht darin, Ihnen in Zeiten großer Herausforderungen hilfreiche Mittel an die Hand zu geben. So begleiten und unterstützen wir Sie in schwierigen Situationen und helfen Ihnen beim Finden konstruktiver Problemlösungen. Zusammen mit unseren KooperationspartnerInnen in ganz Österreich und dem INA Kompetenz-Netzwerk bilden wir eine Gruppe von kompetenten Personen, die mit Begeisterung und Liebe an die Sache herangeht.

7 Säulen der Neuen Autorität

Das Konzept der Neuen Autorität lässt sich sehr anschaulich anhand der von uns beschriebenen sieben Säulen darstellen. Im Folgenden finden Sie eine Kurzbeschreibung der einzelnen Säulen:

1. Präsenz & Wachsame Sorge

Die Entscheidung anwesend zu sein, im guten Kontakt mit mir selber, respektvoll, wertschätzend und gewaltfrei der anderen Person gegenüber, das bedeutet im Sinne der Neuen Autorität wirklich präsent zu sein und dabei als Erwachsener die Verantwortung für die Beziehungsqualität zu übernehmen und für die Einhaltung unserer Werte & Regeln des Zusammenlebens einzustehen. Die „Wachsame Sorge“ ermöglicht uns, aufmerksam und wachsam zu sein und bei Alarmsignalen die notwendigen Schritte einzuleiten, damit es gut weitergehen kann.

2. Selbstkontrolle & Eskalationsvorbeugung

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, uns klar zu werden, dass wir über eine andere Person keine Kontrolle haben können, nicht einmal über unsere Kinder. Die gute Nachricht ist jedoch, dass wir das auch nicht brauchen. Wir können Kontrolle über uns, unsere Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen haben. Und wir können entscheiden, wann wir auf eine Provokation, einen Konflikt reagieren (Prinzip Aufschub – „Schmiede das Eisen, wenn es kalt ist“).

Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist, dass uns klar wird, wenn wir in Auseinandersetzungen gewinnen wollen, Recht haben wollen, wir oft dazu beitragen, dass die Situation eskaliert. Unser Leitsatz ist hier: Nicht besiegen, sondern beharren! (Prinzip Beharrlichkeit). Ein weiterer Aspekt: Wir machen auch Fehler und das ist in Ordnung. In den meisten Fällen können wir diese auch korrigieren und uns entschuldigen (Prinzip Positive Fehlerkultur).

3. Unterstützungsnetzwerke & Bündnisse

Wir sind nicht allein! Auch wenn wir uns manchmal sehr isoliert fühlen. Unterstützung nutzen und Netzwerke aufbauen ist ein zentraler Aspekt der Neuen Autorität. „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“, so heißt es in einem afrikanischen Sprichwort. Menschen und Teams dabei zu begleiten, sich gegenseitig zu unterstützen, jede/r nach seinen Möglichkeiten und, wenn notwendig, weitere UnterstützerInnen einzubinden (zum Beispiel bei Interventionen des Gewaltlosen Widerstandes) führt oft zu einer großen Entlastung und Verbesserung der Lebenssituation.

4. Protest & Gewaltloser Widerstand

Wir haben viel mehr Gewicht/Stärke, als wir glauben, vor allem, wenn wir mehrere Personen sind, die entschlossen handeln. Bei den Handlungsmöglichkeiten des Gewaltlosen Widerstands geht es vor allem um das Deutlich- & Sichtbarmachen unserer Entschlossenheit und Verbundenheit (untereinander und auch mit dem Adressaten, der Adressatin).

Wir sprechen nicht nur von Widerstand bei destruktivem Verhalten, wir SIND der Widerstand. Dies hat eine enorme Wirkung auf das Gegenüber, vor allem bei längeren Aktionen wie einem Sit-In zum Beispiel, bei dem sich Eltern bis zu 2 Stunden zum Kind ins Zimmer setzen, um deutlich zu machen: „Wir können dein gewalttätiges Verhalten nicht mehr akzeptieren und wir sind jetzt hier bei dir, weil du uns wichtig bist und wir an einer Lösung/Veränderung interessiert sind“.

5. Versöhnung & Beziehung

Beziehung ist die wichtigste Ressource! Darauf baut jegliche Intervention der Neuen Autorität auf. Wir ermutigen dazu, beziehungsstiftende Gesten, wertschätzende Rückmeldungen und vor allem immer parallel bei Maßnahmen des Widerstandes Gesten der Versöhnung zu setzten, um deutlich zu machen: Wir sind interessiert an Dir und an einer guten Beziehung, auch wenn es Schwierigkeiten gibt. Vor allem wenn das Kind, der Schüler, die Mitarbeiterin problematische Verhaltensweisen zeigt.

6. Transparenz

Von großer Wichtigkeit ist auch der Aspekt der Transparenz. Partielle oder gänzliche Transparenz kann vieles bewirken: Sie mobilisiert Unterstützung, bewegt Dritte oder auch feindselig gestimmte Personen/Gruppen eine klare gewaltfrei Position einzunehmen und sich der „guten Sache“ anzuschließen. Außerdem stärkt Transparenz unser Zusammengehörigkeitsgefühl, vorausgesetzt unsere Haltungen und Handlungsweisen werden als ethisch-moralisch in Ordnung und notwendig erachtet.

7. Wiedergutmachungen

DIE Alternative zu Strafen und Sanktionen! Die Erfahrung zeigt, dass Strafen und Sanktionen bei Konflikten aller Art in vielen Fällen nicht zu den gewünschten Lerneffekten führen.
Aus unserer Einschätzung kann es gerade durch begleitete Wiedergutmachungsprozesse gelingen, bei den betreffenden Personen

  • die Einsicht in das begangene Unrecht zu ermöglichen
  • und sie durch eine Handlung der Wiedergutmachung gleichsam zum konstruktiven Verhalten anzuregen.

So kann die Person aktiv einen Beitrag leisten und wird dadurch wieder ein vollwertiges Mitglied der Gruppe (z. Bsp. in der Schule). Außerdem werden Geschädigte tatsächlich ernst genommen. Erwachsene, die solche Wiedergutmachungsprozesse begleiten, werden dadurch an Respekt gewinnen, weil die Konfliktlösungskompetenz sichtbar wird.